Kulturraum NRW


Die wichtigsten Kunstausstellungen 2023 in Europa

Eine Reiseplanung

Vermeer und Picasso, Abramović und die Augsburger Renaissance. Welche Ausstellungen kann man sich fürs Umland NRWs vormerken? Was planen die Museen und Ausstellungshallen in Paris, London, Frankfurt, Basel, Berlin und München für das Jahr 2023?

Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique, Halle. Foto: jvf

Die Vorschau auf das Kunstjahr 2023 ist ja zunehmend sinnlos. Klicken Sie hier für den Ausblick auf die wichtigsten Ausstellungen in Europa 2024.

Weise Menschen verschwenden die ersten Wochen des neuen Jahres nicht auf den vergeb­lichen Versuch, guten Vorsätzen gerecht zu werden, sondern sie holen nach, was sie an schönen Dingen im Vorjahr versäumt haben.

Ich empfehle dafür einen Abstecher nach Völklingen, wo in der mächtigen Gebläse­halle des Welt­kulturerbes Völklinger Hütte sieben kaum weniger mächtige Video­installationen von Julian Rosefeldt inszeniert sind: Julian Rosefeldt – When we are gone (bis 3. September 2023).

Zudem könnte man in Frankfurt im Museum MMK an der Domstraße vorbei­schauen, wo der großen Rosemarie Trockel eine Schau eingerichtet ist (bis 18. Juni 2023).

Schafft man den Besuch in Frankfurt bis Anfang März, kann man im Städel Museum noch die sehr spannende Ausstellung zum Werk des Meisters der Bologneser Schule mitnehmen: Guido Reni – Der Göttliche (bis 5. März 2023). Oder man kombiniert das ab Anfang Februar mit einem Besuch in der Schirn Kunst­halle, wo rund 100 Arbeiten von Niki de Saint Phalle zu sehen sind (3. Februar bis 21. Mai 2023).

Vermeer in Amsterdam und Delft

Johannes Vermeer, Schrijvenden Vrouw in het geel, um 1664-67. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: National Gallery of Art, Washington
Johannes Vermeer, Schrijvenden Vrouw in het geel, um 1664-67. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: National Gallery of Art, Washington.

Ich bin nicht sicher, ob spektakuläre Groß­ausstellungen mit ihrem unvermeid­lichen Publikums­andrang das Richtige sind, um die vergleichs­weise klein­formatige und ja doch recht intime Fein­malerei Vermeers zu studieren. Die schlicht Vermeer betitelte Schau im Amsterdamer Rijks­museum gehört aber ganz gewiss auf die Frühjahrs­agenda (10. Februar bis 4. Juni 2023).

Nicht weniger als 28 Gemälde des Delfter Meisters (1632-1675) wird das Rijks­museum versammeln – und das sind drei Viertel des erhaltenen Gesamt­werks. Darunter sind viele Leih­gaben aus ver­schiedenen Museen in New York (6) und der National Gallery of Art in Washington (4).

Im Delfter Museum Prinsen­hof will unterdessen die zeit­gleiche Ausstellung Het Delft van Vermeer mit Werken von Zeit­genossen, Delfter Keramik und Tapisserie sowie Archivalien „ein klares Bild malen des künst­lerischen, intel­lektuellen und sozialen Klimas im Delft des 17. Jahr­hunderts“ (10. Februar bis 4. Juni 2023).

Wenn man schon in Delft ist und etwas Zeit bleibt, könnte man auch gleich nebenan im Den Haager Maurits­huis vorbei schauen. Dort eröffnet einige Tage später eine Ausstellung mit Werken von Jacobus Vrel. Der Zeit­genosse Vermeers, tätig in 1650er und 1660er Jahren, galt einigen Kunst­historiker:innen der Vergangen­heit als minderer Meister, gar Amateur. Das wird das Maurithuis sicher widerlegen (16. Februar bis 29. Mai 2023).

Jacobus Vrel, Vrouw bij het raam (waardoor een kind kijkt), um 1660. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons
Jacobus Vrel, Vrouw bij het raam (waardoor een kind kijkt), um 1660. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons.

„Picasso Célébration – 1973.2023“

Das ganze Jahr 2023 über gibt es reichlich Gelegenheit, sich näher mit dem Werk Pablo Picassos zu beschäftigen. Vor 50 Jahren, am 8. April 1973, ist der berühmteste Künstler des 20. Jahr­hunderts im südfranzösischen Mougins verstorben.

Die Kultusministerien Frank­reichs und Spaniens haben aus diesem Anlass ein Programm aufgelegt, das 42 Ausstel­lungen umfasst, mit Schwer­punkt auf Madrid, Paris und New York, aber auch unter Beteiligung einer Vielzahl von Häusern zwischen Bilbao und Bucharest. Das voll­ständige Programm kann man dem Presse­dossier der Picasso Célébration – 1973.2023 entnehmen.

In NRW sind am Jubiläums­programm beteiligt das Picasso Museum in Münster – dessen Fernande und Françoise – Erinnerungen an Picasso aller­dings bereits am 22. Januar 2023 endet – und das Von der Heydt-Museum in Wuppertal mit seiner Ausstellung Pablo Picasso – Max Beckmann: Mensch, Mythos, Welt ab September 2023.

Das Musée national Picasso in Paris lässt seine Jubiliäums­ausstellung von dem britischen Mode­designer Paul Smith einrichten: Célébration Picasso – La collection prend des couleurs! (7. März bis 27. August 2023). Das Musée de l’Homme ist schon ein paar Wochen früher dran mit seinem Versuch, Picassos Auseinander­setzung mit der prä­historischen Kunst nachzu­zeichen: Picasso et la préhistoire (8. Februar bis 12. Juni 2023).

Paris au printemps

Édouard Manet, Le balcon, 1868/69. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons
Édouard Manet, Le balcon, 1868/69. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons.

Ob mit oder ohne Picasso: Den April oder Mai will man auf jeden Fall in Paris verbringen. Das Musée d’Orsay widmet sich im Frühjahr der Gegenüber­stellung zweier Protagonisten der Malerei der 1860-80er Jahre: Manet / Degas (28. März bis 23. Juli 2023).

Im Centre Pompidou kann man sich unterdessen mit dem Werk von Germaine Richier vertraut machen, eine der spannendsten Bild­hauer:innen im Frank­reich Mitte des 20. Jahrhunderts (1. März bis 12. Juni 2023).

Die Fondation Louis Vuitton verspricht derweil, mehr als 100 Werke zu versammeln, für die Jean-Michel Basquiat und Andy Warhol in den Jahren 1984/85 ko­operierten: Basquiat x Warhol – à quatre mains (5. April bis 28. August 2023).

Und für Freund:innen der Alten Meister hat das Musée Jacquemart-André eine Ausstellung mit Werken des vene­zianischen Groß­meisters der Früh­renaissance, Giovanni Bellini, im Angebot (3. März bis 17. Juli 2023).

Giovanni Bellini, Madonna col Bambino tra san Giovanni Battista e una santa, um 1500. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons
Giovanni Bellini, Madonna col Bambino tra san Giovanni Battista e una santa, um 1500. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons.

Frühsommer in Berlin

In der Gemäldegalerie richten die Staatlichen Museen zu Berlin im Frühjahr eine spektakulär beschickte Ausstellung zum Werk eines der Haupt­meister der alt­nieder­ländischen Malerei aus: Hugo van der Goes – Zwischen Schmerz und Seligkeit (31. März bis 16. Juli 2023). Die Schau versammelt u.a. 12 der 14 Hugo zugeschriebenen Gemälde.

Wartet man mit dem Besuch bei Hugo van der Goes bis Ende Juni, kann man in der Alten National­galerie auch noch eine umfang­reiche Bestands­aufnahme der Secessions­bewegungen Ende des 19. Jhd. mitnehmen. Secessionen – Klimt, Stuck, Lieber­mann (23. Juni bis 22. Oktober 2023) präsentiert rund 200 Gemälde, Skulpturen und grafische Arbeiten der damaligen Protagonist:innen in München, Wien und Berlin.

Gustav Klimt, Pallas Athene, 1898. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons
Gustav Klimt, Pallas Athene, 1898. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons.

Die Artzuid in Amsterdam

Es gibt in 2023 weder eine Kunst­biennale in Venedig (erst wieder 2024), keine Ausgabe der Europäischen Biennale für Gegenwarts­kunst (die Manifesta tobt 2024 in Barcelona) und erst recht keine Documenta (nächste Auflage 2027). Für den Sommer 2023 droht also eine gewisse Lange­weile.

Wer sich in dieses Schicksal nicht fügen will, kann einen Ausflug nach Amsterdam einplanen. Vom 19. Mai bis 22. September 2023 versammelt die 6. Auflage der Artzuid, der Amsterdamer Skulptur­biennale, auf einem rund 5 km langen Parcours im öffent­lichen Raum der Südstadt überwiegend figurative Plastiken von Künstler:innen der Moderne und der Gegen­wart.

Unter den knapp 90 Arbeiten der Artzuid 2021 waren u.a. hübsche Plastiken von Erwin Wurm, Sarah Lucas, Jaume Plensa, Leiko Ikemura und Nicole Eisenman.

Der 249. Geburtstag von C. D. Friedrich

Caspar David Friedrich, Das Eismeer, 1823/24. Öl auf Leinwand, 96,7 x 126,9 cm. © Hamburger Kunsthalle/bpk, Foto: Elke Walford
Caspar David Friedrich, Das Eismeer, 1823/24. Öl auf Leinwand, 96,7 x 126,9 cm. © Hamburger Kunsthalle/bpk, Foto: Elke Walford.

Am 5. September 1774 wurde der wirk­mächtigste Bild­erfinder der deutschen Romantik, Caspar David Friedrich, in Greifs­wald geboren. Das wird in 2024 sicher zu erheb­lichen Ausstellungs­aktivitäten führen. Man kann aber auch in 2023 schon anfangen, das Werk des Malers auf seine Bedeutung für die Gegen­wart hin zu befragen.

Das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt und das Kunst Museum Winterthur unternehmen es, mit Caspar David Friedrich und die Vorboten der Romantik, die kunst­historischen Voraus­setzungen von Friedrichs Empfindungs­landschaften in den Blick zu nehmen (2. April bis 2. Juli 2023 in Schweinfurt, 26. August bis 19. November 2023 in Winterthur).

Die Kunsthalle Hamburg wartet mit ihrer Friedrich-Ausstellung noch fast bis zum Jahres­ende, verspricht mehr als 100 seiner Gemälde und Zeichnungen zu präsentieren und konnte sich gerade noch zurückhalten, das Wort „Zeitenwende“ in den Ausstellungs­titel aufzunehmen: Caspar David Friedrich – Kunst für eine neue Zeit (15. Dezember 2023 bis 1. April 2024).

Basel im September

In der ersten September­hälfte 2023 ist ein – ja eigentlich immer lohnender – Besuch in Basel besonders empfehlens­wert. Die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel hat dann gerade noch ihre groß angelegte Schau mit Werken der kolumbianischen Künstlerin Doris Salcedo geöffnet (21. Mai bis 17. September 2023).

Drüben im Baseler Kunstmuseum kann man die Ausstellung Andrea Büttner – The Heart of Relations (22. April bis 1. Oktober 2023) unten im Gegenwarts­haus im St. Alban-Tal mitnehmen, vor allem aber im Neubau sich mit der Kunst der Fauvisten vertraut machen: Matisse, Derain und ihre Freunde – Die Pariser Avantgarde 1904-1908 (2. September 2023 bis 21. Januar 2024).

Autumn in London

Frans Hals, De lachende cavalier, 1624. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons
Frans Hals, De lachende cavalier, 1624. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Wikimedia Commons.

Ein besonders starkes Ausstellungs­programm halten die Museen in London für den Herbst 2023 bereit.

Die National Gallery präsentiert mit rund 50 Werken – darunter viele Leihgaben aus den USA – eine umfassende Schau mit Werken des Haarlemer Barock­malers Frans Hals (30. September 2023 bis 21. Januar 2024). Die Ausstellung ist eine Ko­operation mit dem Amster­damer Rijks­museum, wo sie dann im Frühjahr 2024 zu sehen sein wird.

In Sachen Gegenwarts­kunst plant die Royal Academy of Arts mit Marina Abramović (23. September bis 10. Dezember 2023) und will den Besucher:innen eine „intensive, physische“ Begegnung mit dem Werk der wohl bedeutendsten Performance-Künstlerin der Gegen­wart ermöglichen.

Nicht minder intensiv und physisch wird die Ausstellung in der Tate Britain mit Plastiken, Instal­lationen und foto­grafischen Arbeiten von Sarah Lucas (26. September 2023 bis 14. Januar 2024). Lucas habe in den letzten vier Jahr­zehnten unser Verständnis von sex, class und gender beständig heraus­gefordert, ist sich die Tate sicher.

Demgegenüber beinahe konser­vativ ist der Plan der Tate Modern, die Philip Guston eine Ausstellung widmet (5. Oktober 2023 bis 25. Februar 2024). Guston war in den 1940/50er Jahren einer der Protagonisten des ameri­kanischen abstrakten Expres­sionis­mus und fand seit den 1960er Jahren zur skurril-figurativen, erzählenden Malerei.

Frankfurt im November

Hans Holbein d. Ä., Auferstehung Christi, 1501. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Städel Museum Digitale Sammlung
Hans Holbein d. Ä., Auferstehung Christi, 1501. Ausschnitt. Lizenz: PD-Art. Quelle: Städel Museum Digitale Sammlung.

Das Frankfurter Städel Museum stellt Werke von Hans Holbein d. Ä. und Hans Burgkmair d. Ä. in den Mittel­punkt seiner Ausstellung zur Renaissance in der damaligen (um 1500) Finanz- und Kunst­metropole Augsburg: Diesseits – Renaissance im Norden (2. November 2023 bis 18. Februar 2024). Die in Ko­operation mit dem Kunst­historischen Museum in Wien ein­gerichtete Schau ist danach in der öster­reichischen Haupt­stadt zu sehen (19. März bis 30. Juni 2024).

In der Frankfurter Schirn Kunst­halle plant man unterdessen für den Herbst und Winter 2023/24 mit einer Ausstellung mit Arbeiten einer der Licht­gestalten der klassischen Moderne Lyonel Feininger (27. Oktober 2023 bis 18. Februar 2024). Ich habe dazu noch keine weiteren Informationen. Aber Feininger muss man sich immer vormerken.

Der Winter im Süden: Stuttgart und München

Besonders witterungsbeständige Rhein­länder:innen und West­fal:innen können sich im Winter 2023/24 den Süden Deutsch­lands als Reiseziel vormerken.

Die Staatsgalerie Stuttgart hat im Winter eine Ausstellung, die ganz sicher ein Publikums­renner wird: Modigliani – Moderne Blicke zeigt rund 100 Gemälde und Papier­arbeiten Amedeo Modi­glianis im Kontext seines Pariser Umfelds (24. November 2023 bis 17. März 2024).

Das Münchener Lenbach­haus ko­operiert mit der Londoner Tate für eine, mit rund 40 Gemälden sowie 40 Aquarellen und Skizzen reichhaltig beschickten Schau auf das Werk William Turners. Turner – Three Horizons will dabei besonders die Rolle Turners als Vorläufer der Abstraktion in den Blick nehmen (28. Oktober 2023 bis 10. März 2024).

Joseph Mallord William Turner, Snow Storm - Steam-Boat off a Harbour’s Mouth, 1842. Foto: © Tate, Lizenz: CC-BY-NC-ND 3.0
Joseph Mallord William Turner, Snow Storm - Steam-Boat off a Harbour’s Mouth, 1842. Foto: © Tate, Lizenz: CC-BY-NC-ND 3.0.

Zum starken Münchener Ausstellungs­programm im Winter 2023/24 gehört auch die bislang umfassendste Präsentation zum Schaffen der amerikanischen Künstlerin und Musikerin Meredith Monk: Meredith Monk – Calling ist im Haus der Kunst zu sehen (10. November 2023 bis 3. März 2024).

Die Pinakothek der Moderne schließlich untersucht das Phänomen der „Glitch Art“, der künst­lerischen Mobilisierung von Bild­störungen. Glitch – Die Kunst der Störung zeigt u.a. Arbeiten von Man Ray, Nam June Paik, Joan Jonas und Pipi­lotti Rist (1. Dezember 2023 bis 17. März 2024).

Ein Warnhinweis und zwei Links nach Hause

Die Angaben zu den Ausstellungen sind den lang­fristigen Planungen und Vor­ankündigungen der jeweiligen Veranstalter entnommen (Stand Dezember 2022). Bevor Sie anreisen, informieren Sie sich bitte über etwaige Plan­änderungen oder Ver­schiebungen (Links in der Liste unten). Ich will ja nicht, dass Sie vergebens nach London, Paris oder Frankfurt reisen.

Karte Umland NRW mit Ausstellungsorten

Die – gewiss von subjektiven Vorlieben geprägte – Auswahl konzentriert sich auf Ausstellungen im erweiterten Umland Nordrhein-Westfalens. Eine Auswahl aktueller Ausstellungen in NRW finden sie hier: Aktuelle Ausstellungen in NRW. Hinweise zu geplanten Ausstellung in Westfalen und im Rheinland gibt’s hier: Kommende Ausstellungen in NRW.

Agenda Ausstellungen 2023 im Umland NRWs