Die Spielzeit 2021/2022: Neuere und neueste Opern in NRW
Eine Merkliste
Was gibt es in der Spielzeit 2021 / 2022 auf NRW-Bühnen an Opern des 20. und 21. Jahrhunderts zu sehen? Eine Auswahl aus den Spielzeitheften der neuen Saison.
Musiktheater im Revier (MiR) in der Stadt Gelsenkirchen. Foto: MiR Gelsenkirchen. Lizenz: CC BY-SA 3.0, Quelle: Wikimedia Commons.
Erst- und Uraufführungen im Herbst 2021
Drei Kurzopern von Stipendiaten des InterArtes e.V. bringt die Oper Köln in der zweiten Auflage seiner „Schnittstellen“ im September 2021 zur Uraufführung: perdü von Genoël von Lilienstern (*1979), Pepita-Lunarium von Matej Bonin (*1986) und THE ENDS von Andreas Edoardo Frank (*1987) [UA: Köln, 18. September 2021 im Saal 3 des Staatenhauses].
Vier Wochen später kann man sich für Köln die erstmals in NRW inszenierte fünfaktige Oper L’Amour de Loin der finnischen Komponistin Kaija Saariaho vormerken. Das Stück, ein Auftragswerk der Salzburger Festspiele 2000, greift zurück auf das legendäre Leben des Troubadours Jaufré Rudel (12. Jhd.) und dessen „Liebe aus der Ferne“ zur Gräfin von Tripolis. Das Libretto ist von Amin Maalouf.
Die New York Times beschrieb die Oper angesichts der Einrichtung an der MET 2016 als „machtvoll“ und „eindringlich“. Saariahos Musik mit ihren „lichten Klängen, packend verführerischen Harmonien, unzähligen instrumentellen Farbgebungen und atmosphärischen Texturen“ sei „ideal geeignet, diese mittelalterliche Geschichte zu erzählen“ [P: Köln, Staatenhaus Saal 1, 24. Oktober 2021].
Salvatore Sciarrino. Foto: Luca Carrà, (c) RaiTrade.
Ebenfalls im Oktober wollen die Wuppertaler Bühnen die deutsche Erstaufführung von Salvatore Sciarrinos Il canto s’attrista, perché? nachholen, die im Mai 2020 ausfallen musste. Die Inszenierung ist in Kooperation mit dem Stadttheater Klagenfurt entstanden, wo die 1½-stündige Oper um Klytämnestras blutige Rache an Agamemnon im Februar 2021 uraufgeführt wurde.
Der Kritiker der FAZ zeigte sich in Klagenfurt angetan von Sciarrinos Musik, die „nahe am Text bleibt und aus Neugierde an immer feineren Möglichkeiten der Klangerzeugung im Piano und Pianissimo verharrt“, aber wenig überzeugt vom „überdrehten Gewaltporno“ der Inszenierung (Inszenierung, Bühne und Kostüme: Nigel Lowery) [DE: Wuppertal, Opernhaus, 22. Oktober 2021].
Erst- und Uraufführungen im Frühjahr 2022
Das Theater Bielefeld plant die deutsche Erstaufführung von Christian Josts Egmont. Die gut 1½-stündige Oper in 15 Szenen wurde als Auftragswerk des Theaters an der Wien zum Beethovenjahr im Februar 2020 ebenda uraufgeführt. Jost und sein Librettist Christoph Klimke greifen auf das Personal des niederländischen Freiheitskampfes (Graf Egmond) und ihre Widersacher (Herzog Alba) zurück für die Konfrontation von skrupeloser Macht und Freiheitswillen und stellen dabei die Frage nach der Manipulierbarkeit der Gesellschaft.
Der Kritiker der Neuen Musikzeitung schrieb im Hinblick auf die Uraufführung, das sei ein „herausforderndes Stück Musiktheater“ mit Seitenhieben auf gegenwärtige Populismen in einem „dämonisch dräuenden, untergründig pulsenden Sound“ [DE: Bielefeld, Stadttheater, 23. April 2022].
Das Theater Hagen hat dann für Mitte Mai 2022 die Uraufführung von Outi Tarkiainens A Room of One’s Own auf der Agenda. Die knapp einstündige „Essay-Oper“ ist die erste Oper der jungen finnischen Komponistin (*1985). Das Libretto von Francis Hüsers, dem Intendanten des Theater Hagen, arrangiert Textfragmente aus Virginia Woolfs gleichnamigem feministischen Klassiker. Die Uraufführung wird mit Giacomo Puccinis Kurzoper Suor Angelica zu einem Doppelabend ergänzt [UA: Hagen, Großes Haus, 14. Mai 2022].
Zu gleicher Zeit steht im Theater Münster die Uraufführung an von Thorsten Schmid-Kapfenburgs Galen. Die Oper in zwanzig Szenen des Chefdirigenten der Alten Philharmonie Münster zeige „den inneren Konflikt des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen unter dem zunehmenden Druck, dem die katholische Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus ausgesetzt war“ – so erläutert das Spielzeitheft [UA: Münster, Großes Haus, 14. Mai 2022].
Gerald Berry. Foto: Gerald Barry. Lizenz: CC BY-SA 3.0, Quelle: Wikimedia Commons.
Bis Ende Mai 2022 muss man warten bis im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier die deutsche Erstaufführung von Gerald Berrys The Importance of Being Earnest über die Bühne geht. Die komische Oper nach dem Stück von Oscar Wilde wurde im März 2013 in Nancy (szenisch) uraufgeführt.
Der Kritiker des Arts Desk bemerkte zur konzertanten Aufführung in der Londoner Barbican Hall 2012, dies sei die erste Oper, in der er „Tränen gelacht“ habe. Insbesondere die widerspruchsreiche Spannung zwischen Musik und Wort sei Grund für „zwei Stunden unanfechtbarer Brillanz“ [DE: Gelsenkirchen, MiR, 26. Mai 2022].
Neuinszenierungen von Opern nach 1945
Ganz zu Beginn der Session 2021/2022, bereits Ende August, nimmt sich das Theater Aachen Philip Glass‚ Überschreibung von Jean Cocteaus Filmklassiker La Belle et la Bête (UA 1994) vor [P: Aachen, Bühne, 26. August 2021]. Nur einen Tag später steht dann in der Gelsenkirchener St. Georgs-Kirche die Premiere von Benjamin Brittens Kirchenparabel Curlew River an (UA 1964) [P: Gelsenkirchen, St. Georgs-Kirche, 27. August 2021].
Das Theater Bonn gräbt sodann im Oktober Rolf Liebermanns Nachkriegsoper Leonore 40/45 (UA 1952), die den Leoneore/Fidelio-Stoff in die Zeit des 2. Weltkriegs verlegt. Das Stück ist seit langen Jahren gänzlich aus dem Repertoire der Opernhäuser verschwunden – man wird sehen, ob zu recht [P: Bonn, Opernhaus, 10. Oktober 2021].
Für das Frühjahr 2022 dann plant das Landestheater Detmold mit Benjamin Brittens The Turn of the Screw (UA 1954) [P: Detmold, Landestheater, 25. März 2022] und die Oper Köln hat York Höllers Veroperung von Michail Bulgakows Romansatire Der Meister und Margarita (UA 1989) im Programm [P: Köln, Staatenhaus Saal 1, 3. April 2022].
Merkliste Oper 2021/2022 NRW
- Philip Glass: La Belle et la Bête
Theater Aachen, Bühne, P: 26. August 2021
Weitere Aufführungen: 5. und 26. September, 6. 10. und 16. Oktober, 6. November sowie 5. Dezember 2021 - Benjamin Britten: Curlew River
MiR, Gelsenkirchen, St. Georgs-Kirche, P: 27. August 2021
Weitere Aufführungen: 28. August sowie 3., 18. und 22. September 2021 - Schnittstellen [II]: Genoël von Lilienstern, perdü / Matej Bonin, Pepita-Lunarium / Andreas Edoardo Frank, THE ENDS
Oper Köln, Staatenhaus Saal 3, UA: 18. September 2021
Weitere Aufführungen: 21., 23. und 28. September 2021 - Rolf Liebermann: Leonore 40/45
Theater Bonn, Opernhaus, P: 10. Oktober 2021
Weitere Aufführungen: 15., 17. und 22. Oktober 2021 - Salvatore Sciarrino: Il canto s’attrista, perché?
Wuppertaler Bühnen, Opernhaus, DE: 22. Oktober 2021
Weitere Aufführungen: 24. Oktober, 20. November und 4. Dezember 2021 sowie 13. Januar 2022 - Kaija Saariaho: L’Amour de Loin
Oper Köln, Staatenhaus Saal 1, P: 24. Oktober 2021
Weitere Aufführungen: 27., 29. und 31. Oktober, 6., 10. und 13. November 2021 - Benjamin Britten: The Turn of the Screw
Detmold, Landestheater, P: 25. März 2022
Weitere Aufführungen: 30. März und 1., 8., 10. April und 4., 5. Mai sowie im Theater Hameln am 8. Juni 2022 - York Höller: Der Meister und Margarita
Oper Köln, Staatenhaus Saal 1, P: 3. April 2022
Weitere Aufführungen: 6., 8., 10., 12. und 17. April 2022 - Christian Jost: Egmont
Theater Bielefeld, Stadttheater, DE: 23. April 2022 - Outi Tarkiainen: A Room of One’s Own
Theater Hagen, Großes Haus, UA: 14. Mai 2022
Weitere Aufführungen: 20. und 26. Mai sowie 5. und 8. Juni 2022 - Thorsten Schmid-Kapfenburg: Galen
Theater Münster, Großes Haus, UA 14. Mai 2022
Weitere Aufführungen: 18., 26. Mai sowie 4., 10., 18. und 24. Juni 2022 - Gerald Berry: The Importance of Being Earnest
Gelsenkirchen, Musiktheater im Revier, DE: 26. Mai 2022
Weitere Aufführungen: 3., 16. und 24. Juni 2022
Die Angaben zu den Aufführungen sind den langfristigen Planungen und Vorankündigungen der Musiktheater in NRW entnommen (Stand Sommer 2021). Bevor Sie zu einem Opernabend anreisen, informieren Sie sich bitte bei den jeweiligen Veranstaltern über etwaige Planänderungen oder Verschiebungen.