Kulturraum NRW


Ikone Karl Marx. Kultbilder und Bilderkult im Stadtmuseum Trier

ВЫШЕ ЗНАМЯ МАРКСА

Das Stadtmuseum Trier dokumentiert mit über 150 Exponaten die Entwicklung des Marx-Portraits als Element der politischen Ikonographie im 20. Jahrhundert. Die instruktive und sehr hübsch gestaltete Ausstellung ist noch bis 18. Oktober 2013 zu besuchen.

Karl Marx. Foto: John Mayall. Lizenz: PD-Art.Karl Marx. Foto: John Mayall.Im Mai 2018 wird der 200. Geburtstag von Karl Marx zu feiern sein, seine Geburtsstadt Trier macht jetzt schon einmal einen Aufschlag, heuer jährt sich zudem der 130. Todestag des Politökonomen. In sieben Kapiteln erzählt deshalb das Stadtmuseum im Simeonstift, gleich neben der Porta Nigra, die Geschichte der Marx-Bildnisse, von ihrer Verwendung in der frühen Arbeiterbewegung über ihre Monumentalisierung in den stalinistischen und poststalinistischen Diktaturen bis hin zu ihrer Ironisierung in Werbung und Karikatur der spätkapitalistischen Dekadenz.

Ausgangspunkt der Ausstellung sind jene Photographien, die in den 1860er und 70er Jahren in Londoner Studios angefertigt wurden. Prägend für die Bildtradition sind dabei vor allem die Lichtbilder, für die Marx 1875 im photographic studio von John Mayall in der Regent Street posierte (inkl. napoleonischer Handgeste). Friedrich Engels lässt 1883, nach dem Tod des Meisterdenkers, 1.200 Abzüge davon erstellen und verschickt sie an Zeitungen und Sozialisten in aller Welt. Sie zeigen Marx, wie Engels schreibt, „in seiner heitern, siegesgewissen olympischen Ruhe“ .

Grußkarte zur Maifeier 1911 Lizenz: PD-ArtGrußkarte zur Maifeier 1911.Bald nach seinem Tod beginnt die ikono­graphische Karriere des Marx-Portraits mit der Karriere der deutschen Sozialdemokratie, die seinerzeit noch ganz auf die Marxsche Theorie eingeschworen ist. Mit seinem Konterfei sind solidarische Grußkarten ebenso versehen wie Porzellankrüge oder gestickter Wandschmuck, die den revolutionären Arbeiterhaushalt mit Sinnspruch und Bildnis versorgte. Allerdings hat der siegesgewisse Olympier zunächst noch Mitbewohner auf dem sozialistischen Götterberg: meist wird er im Verein mit Ferdinand Lassalle, August Bebel u. a. abgebildet.

Glaubt man der Selbstauskunft von Marx, dann sind ihm solche Ansätze eines „Personenkultus“ alles andere sympathisch gewesen. 1877 schreibt er an den Sozialdemokraten Wilhelm Blos über sich und Engels:

Wir beide geben keinen Pfifferling für Popularität. Beweis z.B., im Widerwillen gegen allen Personenkultus, habe ich während der Zeit der Internationalen die zahlreichen Anerkennungsmanöver, womit ich von verschiedenen Ländern aus molestiert ward, nie in den Bereich der Publizität dringen lassen, und habe auch nie darauf geantwortet, außer hie und da durch Rüffel.

Personenkultus

Allerdings waren die sozialdemokratischen Devotionalien ein sehr bescheidener Anfang angesichts der Monumentalisierung des Marxgedenkens nach der siegreichen Oktoberrevolution in Rußland. Das erste russische Marxdenkmal – noch in etwa lebensgroß – wurde zum ersten Jahrestag der Oktoberrevolution in Petrograd 1918 eingeweiht. Das Monument des ukrainischen Bildhauers Lew Kerbel, 1961 im Rahmen des XXII. Parteitages der KPdSU zu Moskau enthüllt, maß schon 7,70m. Vom gleichen Bildhauer stammt auch die monströse, über sieben Meter hohe Portraitbüste, die 1971 in Karl-Marx-Stadt aufgestellt wurde (beide Kolossalplastiken sind in Trier naturgemäß nur als Foto präsent).

Handlicher sind die Briefmarken, Münzen und Medaillen, Plakate, eine sowjetische Porzellanvase, ein laotischer Lackteller, ein bangladeschischer Wandteppich, chinesische Porzellanteller u.v.m., die die weltweite Verbreitung der Marx-Ikonen im 20. Jahrhundert ebenso bezeugen wie Beispiele deutscher und russischer Historienmalerei mit Marx als zentraler Figur.

Ikone Karl Marx. Kultbilder und Bilderkult. Ausstellungsansicht Stadtmuseum Simeonstift Trier. Foto: jvf.
Ikone Karl Marx. Kultbilder und Bilderkult. Ausstellungsansicht Stadtmuseum Simeonstift Trier. Foto: jvf.

Die Ausstellung schließt mit einigen Beispielen aus Werbung und zeitgenössischer Kunst für die Ironisierung der Ikonisierung im Zeitalter der spätkapitalistischen Dekadenz.

Ikone Karl Marx. Kultbilder und Bilderkult. K: Elisabeth Dühr. Trier, Stadtmuseum Simeonstift. 17. März – 18. Oktober 2013.