Kulturraum NRW


Die Große Kunstausstellung NRW 2012 in Düsseldorf

Titaniden im Bauch der Trilobiten

Noch bis 18. März 2012 sind im Düsseldorfer museum kunst palast Werke von rund 160 Gegenwartskünstlern zu sehen und zu kaufen. Die jährliche Große Kunstausstellung NRW verschafft den Überblick, über das, was sich in Sachen Malerei, Photographie, Videokunst und Skulptur in der Region tut.

Der im Rahmen der Ausstellung verliehene Kunstpreis der Künstler geht heuer an den Düsseldorfer Photographen Walter Vogel (*1932). Ein gutes Dutzend seiner Arbeiten sind für die Schau zusammen getragen: intime Portraits der betörend schönen, jungen Pina Bausch, Aufnahmen von Beuys‘ Kunstaktion wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Photos aus italienischen Espressobars, der Wiener Staatsoper, dem Louvre, den Straßen des Ruhrgebiets etc. demonstrieren den Charme einer handwerklich gut gemachten, schwarzweiß-dokumentarischen Photokunst, die sich der digitalen Revolution verweigert. Der Förderpreis geht an Nina Brauhauser (*1980, Düsseldorf), mit deren abstrakt-geometrischen Photographien ich aber nicht so viel anfangen kann.

Alte Bekannte, neue Sachen

Den Grundstock der Düsseldorfer Leistungsschau machen Künstler, die auch in den letzten Jahren in der Kunstausstellung auffällig wurden: die atmende Objektkunst von Günter Weseler, die erdenschweren Holz- und Lederarbeiten von Horst Egon Kalinowski etwa (zwei frühere Preisträger), die apokalyptisch-idyllische Malerei von Jun Jiang, die Baiser-Schelmenstücke von Anke Eilergerhard, die Malerei Yury Kharchenkos zählen zu den alten Bekannten (Notizen zu den Ausstellungen früherer Jahre: 2008, 2010, 2011).

Gleich im Eingangsbereich macht dieses Jahr die Videoinstallation Möbel 20 des Düsseldorfer Künstlerpaares Insook Ju und Sukyun Yang (*1966, Seoul) Spaß: eine Einmetersechzig hohe und Zweimetervierzig breite Holzkonstruktion trägt vier Monitore, auf denen Panoramastills von Park-, Stadt- und Industrielandschaften aus aller Welt sich abwechseln. Wie auf Touristenfotos stehen die beiden Künstler in den Landschaften, mitunter auch nur ihr Gepäck beiseite. Ein computeranimiertes Läuferpaar kreuzt mit immer gleichen Bewegungen durch den Vordergrund.

Ganz ohne Weltläufigkeit kommt Ulrich Hassenpflugs (*1963, Düsseldorf) Bewegungsstudie Trilobit aus: seine menschenhohe, aus Stahl und Edelstahl gefügte Gartenskulptur markiert eine träge und mächtig verlaufende Zeit durch ein langsam schwingendes Perpendikel. Man kann das als memento mori nehmen oder, wenn man Wikipedia bei der Hand hat, als Denkmal für die ausgestorbenen, pa­läo­zo­ischen kleinen Gliederfüßer aus der Klasse der Trilobita oder man gibt sich einfach der Schönheit und bodenständigen Eleganz des Objekts anheim.

Der Bauch der Stadt, die Haut der Göttinnen

Unter die Oberfläche und in den Bauch der Stadt lässt eine Skulptur Gerhard Hahns blicken (*1956, lebt in Krefeld und Berlin). Der aus Stahl und Terrakotta geformte, einen Kubikmeter füllende Klotz ist leicht schräg auf Palette gestellt: die gepresste Miniaturessenz einer Großstadt, zum Abtransport durch WALL-E bereit, lässt von oben den Blick offen für das Körperinnere menschlicher Behausung, abstehende Hochhausskelette, Lüftungsschläuche, die wie zerstückelte Gedärme den Klotz durchziehen.

Unter die Haut gehen auch die photographischen Arbeiten des Köln/Schweizer Duos Elke Lehrenkrauss und Corinna Steiner (*1979/1978). Drei Frauenportraits aus der Serie Les Titanides sind in Düsseldorf zu sehen: 120x90cm große, schwarzweiße Aktstudien von sich häutenden Göttinnen.

Erstmals stellt auch das benachbarte e.on-Gebäude ergänzende Räumlichkeiten bereit. Dort ist eine Sonderschau zeitgenössischer Kunst aus Palermo eingerichtet.

Der Katalog ist aufwändiger gestaltet als in den Vorjahren, kostet aber weiterhin im Paket mit zwei Eintrittskarten nur 20 Euro. Er enthält, neben etwas spärlichen biographischen Informationen, die Abbildung jeweils eines Werks der ausstellenden Künstler.

Die Große Kunstausstellung NRW 2012. Düsseldorf, museum kunst palast. 26. Februar – 18. März 2012.