Urban Art Biennale 2015 in der Völklinger Hütte
Street Art im Stahlwerk
Noch bis 1. November 2015 zeigt die 3. „UrbanArt Biennale“ in der Völklinger Hütte bei Saarbrücken rund 100 Graffiti, Paintings, Adbustings, Paste-Ups und Installationen.
Werke von 81 Künstlern aus 21 Ländern versammelt die bislang umfangreichste Street-Art-Biennale im UNESCO-Weltkulturerbe bei Saarbrücken. Bespielt wird zunächst ausschließlich die Möllerhalle, das frühere Rohstofflager für die Hochöfen der Völklinger Hütte. Ab 14. Mai soll sich die Ausstellung dann über das Gelände des stillgelegten Stahlwerks weiter ausbreiten. Wer Geduld aufbringen kann ist gut beraten, mit seinem Besuch der Biennale bis dahin zu warten.
UrbanArt Biennale 2015 in der Möllerhalle, Völklinger Hütte, Ausstellungsansicht.
Man kann natürlich darüber streiten, ob es Sinn macht, Kunst, deren Kern die unautorisierte Aneignung des öffentlichen Raumes ist, aus ihrem Kontext herauszulösen und in Form einer Ausstellung zu präsentieren. Manches, was da jetzt in Völklingen gezeigt wird, ist – isoliert von der Straße – von einiger Unerheblichkeit. Andererseits: Wie sonst könnte man sich Arbeiten von Street Art Künstlern aus 21 Ländern anschauen?
Die Ausstellung zeigt Beispiele verschiedenster Spielarten der Street Art. Für das Style-Writing, den klassischen Graffiti, steht ein tag vom Altmeister Cope2 (Fernando Carlo, *1967) aus New York. Adbustings werden von drei mit Lösungsmittel verfremdete Werbeplakaten des Berliner Künstlers Vermibus vertreten. Auf der Grenze zwischen Street Art und Konzeptkunst ist Rero (*1983) in Paris unterwegs und macht aus Bauschutt und Leinwand seine Installation The Installation Failed (2012). Mark Jenkins aus Washington (*1970) stellt eine hyperrealistische Menschenfigur etwas mysteriös in die Ecke, Cornered (2013); von der Straße genommen und im Ausstellungskontext um seine soziale Dimension gebracht, wirkt das aber eher wie ein mittelmäßiges Duane Hanson Imitat.
Aus der Region ist Cone The Weird (*1979, lebt in Saarbrücken) mit einer an Robert Crumb geschulten Groteske vor Ort: Just Thinking 2 (2015). Bemerkenswert auch Nick Walter aus Bristol (*1969), der einen Blumentopf an eine Kachelwand sprüht; der Schattenwurf der Zierplanze zeigt die finstere Seite der Stadt (The Facade).
Arabischer Herbst
Ammar Abo Bakr: Hidden Sufi. Exponat der „UrbanArt Biennale® 2015“ im Weltkulturerbe Völklinger Hütte. © Weltkulturerbe Völklinger Hütte/Hans-Georg MerkelEin Schwerpunkt dieser dritten Auflage der Biennale ist Street Art aus arabischen Ländern, vornehmlich Ägypten. Ammar Abo Bakr (*1981) zeigt (in Öl auf Leinwand) Hidden Sufi (2015): Rechts steht in roter Schrift „Je suis celui qui n’a pas le droit d’être“ (Ich bin der, der kein Recht hat zu leben). Der junge Künstler Amr Nazeer (*1989) aus Kairo nimmt sich das „Obama Hope“-Motiv von Shepard Fairey als Appropriationsvorlage für sein Plakat, das den ägyptischen Diktator as-Sisi zeigt: Statt „Hope“ ist hier „Joke“ die Unterschrift (Joke, 2015). Shepard Fairey selbst wiederum ist im gleichen Raum mit einer Plakatwand vertreten, Mural (2006): Eine Wand schwarzroter Revolutionskitschanschläge, pseudo-kyrillische Schriften, viele MPs mit Rosen im Lauf, „Obey Propaganda“ und „Peace“ steht da geschrieben, die junge Angela Davis wacht anbei.
Tarek Benaoum (*1978) aus Marokko ist mit zwei berückend hübschen „Kalligraffiti“ vor Ort, Indian Dreams und The Godhead (beide 2015). Mithalten kann da der Pariser Künstler Vincent Abadie Hafez /Zepha (*1977) mit seiner Conscience Universelle (2015).
Tarek Benaoum: Indian Dreams, 2015. Exponat der „UrbanArt Biennale® 2015“ im Weltkulturerbe Völklinger Hütte. © Weltkulturerbe Völklinger Hütte/Hans-Georg Merkel
Zur Ausstellung ist ein Katalog angekündigt, der mir aber noch nicht vorliegt.
UrbanArt Biennale 2015. Weltkulturerbe Völklinger Hütte, 29. März bis 1. November 2015.