Bob Dylan: Ausstellung im Musée de la Musique Paris
Baby Blue
Das Pariser Musikmuseum zeigt noch bis 15. Juli 2012 eine in Teilen sehr sehenswerte Ausstellung zu den ersten Jahren der Karriere Bob Dylans, L'Explosion Rock 61-66, und erzählt zudem von der französischen Dylan-Rezeption in den Sechzigern.
Fünfzig Jahre ist das jetzt her, dass bei Columbia Records das erste von bislang vierunddreißig Studioalben der singenden Säge aus Duluth, Minnesota erschienen ist. Vier Jahre später hat sie mit Like a Rolling Stone einen der einflussreichsten Songs in der Geschichte der populären Musik auf den Markt gebracht und jedenfalls einen neuen Qualitätsstandard für Texte in der Rockmusik gesetzt. Grund genug für das Grammy Museum Los Angeles eine Ausstellung zusammen zu packen und auf Wanderschaft zu schicken: Bob Dylan, Die Rockexplosion 61-66 wird nach der Station in Paris durch Europa touren.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen gut fünzig Schwarzweißaufnahmen, die der Fotograf Daniel Kramer über mehr als zwölf Monate hinweg 1964/65 gemacht hat: On- und Offstage-Bilder, Portraits, Dylan im Aufnahmestudio, Homestory mit dem Popstar als Schachspieler und im Garten seines Hauses bei Woodstock. Einige dieser Bilder sind konstitutiv geworden für das Bildprogramm, mit dem sich der Dylan jener Jahre inszeniert hat: das rotzige Genie mit metrosexuellem Charme, das gegen jeden Vereinnahmungsversuch ebenso verletztlich wie unbeirrt seinen Weg der Rebellion geht. So in etwa.
Klassiker, Heldensaga
Daneben zeigen drei, in edlem Blaugrau gestaltete Räume (es geht um einen Klassiker) die Entwicklung Dylans in der ersten Hälfte der sechziger Jahre. Zunächst ein Blick auf die Jugend in Midwest: Bilder aus Familien- und High School Alben, seine Schülerband, The Golden Chords, und frühe musikalische Einflüsse: Elvis, Buddy Holly, Bo Diddley, Odetta, das Kingston Trio und natürlich Woody Guthrie, die Urikone des engagierten Singer-Songwriters; dann sein Aufstieg zur Lichtgestalt des Folk Revivals der frühen 60er und zum führenden „protest singer“ – neben und mit Joan Baez; die Kehre hin zum Rock mit dem legendären Auftritt auf dem Newport Folk Festival 1965, auf dem er wegen seines Auftritts mit E-Gitarre und Band als Verräter an der Sache der Folkmusik beschimpft wird.
Diese Heldensage präsentiert die Ausstellung mit Fotos, Konzertmitschnitten und Videos mit Zeitzeugenberichten (Pete Seeger, Chris Hillman, Murray Lerner, Gerry Beckley kommen unter anderen zu Wort), viele Plattencover, Hörstationen, die einige Schlüsselsongs bereit halten etc. Es gibt wenig, sagen wir, Objekte mit Aura, einige Gitarren, die Dylan nicht gespielt hat, ein Hemd, das er nicht getragen hat (vom Kingston Trio) usw., einige wenige Autographen als Faksimile. Das macht, bei aller Multimedialität, eine etwas abstrakte Schau, die der Dylanologin nicht viel Neues sagen wird, den Novizen vielleicht über die Konzertmitschnitte einfängt.
Françoise Hardy anbaggern
Im Untergeschoss des Musikmuseums kümmert sich derweil der zweite Teil der Ausstellung um die Rezeption Dylans in Frankreich: Bemühungen in Sachen französischer Coverversionen von Dylansongs (Hugues Aufray, Johnny Hallyday – Maintenant Ou Jamais, Hallydays Version von If you gotta go, go now, ist musikalisch gar nicht mal schlecht, man muss aber über die peinliche französische Nachdichtung hinweghören, findet man bestimmt bei youtube oder im Plattenhandel); die Story wie Dylan erfolglos Françoise Hardy angebaggert hat (das kann ich verstehen); das erste Konzert Dylans in Frankreich, im Mai 1966 im Oylmpia, das mit Fotos und Presseausschnitten dokumentiert wird.
Die französische Presse stand seinerzeit schon im Vorfeld des Konzerts mit einiger Reserve und Unverständnis dem „beatnik milliardaire“ (Le parisien libéré) gegenüber, der für einen Auftritt mehr Gage erhalte als die Callas (L’aurore). Als Dylan dann auf der Bühne des Olympia, ganz auf Provokation eingestellt, eine riesige amerikanische Flagge in den Bühnenhintergrund hängt und zwischen seinen Songs kleine Presse- und Publikumsbeschimpfungen hinrotzt, ist die Pressereaktion dann unmissverständlich: „Bob Dylan, go home!“ (Paris jour).
Bob Dylan. L’Explosion Rock 61-66. Paris, Musée de la musique. 6. März – 15. Juli 2012.